Mitarbeiter-Personas als Fundament eines Employee Experience Design

Stellen Sie sich einmal vor wie es sein würde, wenn Sie mit Ihren Kindern, Ihren Eltern und Ihrer Oma unter einem Dach zusammenleben. Wie fühlt sich dieser Gedanke an: Interessant, reizvoll, abschreckend, herausfordernd?

4-Generationen Haushalte sind für viele von uns schwer vorstellbar und in der Realität kaum (mehr) anzutreffen. Ganz anders ist das in unseren Unternehmen. Dort arbeiten Baby Boomer (Geburtenjahrgänge 1955-1969), Vertreter der Generation Golf (1965-1980) und Mitarbeiter/-innen aus den Generationen „Why” (Jahrgänge 1980-2000) und Z (1995-2010) zusammen. Und das in der Regel mit großem Erfolg.

Mitarbeiter/-innen aus mehreren Generationen zu führen, glücklich zu machen und zu binden,  das ist eine Herausforderung. Typische Vertreter der Generationen haben ganz eigene Wertemuster, in einigen Bereichen vollkommen unterschiedliche Einstellungen und Meinungen. Ihre Anforderungen an ein glückliches und erfülltes Arbeits- und Privatleben unterscheiden sich.

4 Mitarbeiter-Generationen in einem Unternehmen zu haben ist herausfordernd, keine Frage, zugleich aber auch die Basis für unternehmerischen Erfolg.

  • Vielfalt und Diversität sind die Grundlage für Kreativität und (wahre) Innovationen.
  • Ein „Design for All“ kann nur umgesetzt werden, wenn unterschiedliche Persönlichkeiten in einem Unternehmen zusammenarbeiten. In diesem Fall ist gewährleistet, dass sich Konzeptions- und Entwicklungsteams in heterogene Nutzer- und Kundentypen gut hineinversetzen können (So gelingt inklusives Design: 7 Lektionen von Google, Apple, Facebook und Amazon).
  • Vielfalt und Diversität ist nötig, um Aufgaben und Tätigkeiten bestmöglich erfüllen zu können. Ein Controller beispielsweise benötigt andere Werte, Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmale wie eine im Vertrieb tätige Mitarbeiterin.

Vielfalt strukturieren und managen

Wie gelingt es Unternehmen die Vielfalt an Mitarbeitertypen und Generationen zu managen und zu strukturieren?

Im Kern sind es die Führungskräfte, die diese Herausforderung meistern müssen. Unternehmen benötigen Führungskräfte, die sich in unterschiedliche Generationen und Mitarbeitertypen hineinversetzen können. Die Verständnis für jede(n) Mitarbeiter/-in aufbringen (können) oder entwickeln (können). Die Interessen ausgleichen, einbeziehend entscheiden, handeln und typgerecht führen (können).

Nehmen Sie die Menschen wie sie sind – andere gibt’s nicht!
(Konrad Adenauer).

Nun ist nicht jede Führungskraft als hervorragende(r) Mentor/-in, Begleiter/-in und Leader/-in geboren. Auch sind nur wenige Führungskräfte per se gesegnet mit Empathie, Verständnis für andere und der Fähigkeit emotionale Nähe zu Mitarbeitern/-innen herzustellen. Und nur wenigen Führungskräften gelingt es Mitarbeiter/-innen zu begeistern, zu motivieren, typgerecht zu führen und dauerhaft zu binden. Genau an dieser Stelle setzen Mitarbeiter-Personas an.

Mit Mitarbeiter-Personas typgerecht führen!

Mitarbeiter-Personas strukturieren Vielfalt. Sie ermöglichen Führungskräften eine typgerechte Führung. Es wird möglich jede(n) Mitarbeiter/-in einer Persona zuzuordnen und auf diese Weise sowohl das Typische als auch das Besondere in jedem Individuum zu erkennen.

Mit Mitarbeiter-Personas ausgestattet, können Führungskräfte …

  • den Dialog und die Kommunikation mit Mitarbeitern typgerecht gestalten – in Form, Zeitpunkt, Kanal und Häufigkeit.
  • Schwächen & Stärken ganzheitlicher und in unterschiedlichen Umfeldern erkennen.
  • seelische Wohlfühlbedingungen in Bezug auf Arbeitsinhalte, Tätigkeiten, Herausforderungen, Arbeitsplatzausstattung, Teamarbeit und Verantwortungsbereiche herstellen.
  • fachliche und vor allem persönliche Entwicklungsfelder eröffnen.
  • den Umfang und die Art der Betreuung festlegen, um seinen Mitarbeitern ein(e) gute(r) Coach und Begleiter/-in zu sein.
  • leichter emotionale Nähe und Bindung aufbauen.
  • Empathie & Verständnis aufbringen.
  • ein Klima der Toleranz und Kooperation herstellen, auch und im Besonderen dann, wenn die Führungskraft eine andere Persönlichkeit hat wie ihre Mitarbeiter/-innen.

All diese Nutzenkomponenten – bezogen rein auf die Thematik der Mitarbeiterführung und -bindung – sind es wert, sich dem Thema Mitarbeiter-Personas zu widmen.

Mitarbeiter-Personas bieten noch viele weitere Einsatzbereiche. Mitarbeiter-Personas helfen beispielsweise im Personalmarketing bei der Ansprache von potentiellen Mitarbeitern/-innen. Es ist leichter möglich relevante Themen rund um den Job und Arbeitgeber zu identifizieren und geeignete Kommunikationswege, -formen und -formate auszuwählen.

Mit Hilfe von Mitarbeiter-Personas gelingt es Tools, Software, Prozesse, Arbeitsplätze, -geräte, Räumlichkeiten und Strukturen ganzheitlich zu evaluieren, neu zu denken und mitarbeiter-zentriert weiterzuentwickeln.

Vergleichbar mit dem Einsatz von User-Personas bei der Konzeption, Gestaltung und Evaluation von Websites, Apps oder Geräten (UX Design mit Personas), bieten Mitarbeiter-Personas die fundamentale Grundlage für ein erfolgreiches Employee Experience Design.

Mitarbeiter-Personas: Ausgangspunkt und Varianten

Es gibt verschiedene Ansätze für die Entwicklung von Mitarbeiter-Personas. Auch sind die Wege hin zur Beschreibung von Mitarbeiter-Personas und Zuordnung von Mitarbeitern/-innen genauso vielfältig wie beim Entwickeln von User-Personas.

Welcher Weg der „Königsweg“ ist, das muss auf Basis einer Ist-Analyse vorhandener Stellen, Mitarbeiter-Generationen, Aufgabenbereiche, Prozesse und im engen Austausch mit Führungskräften und Mitarbeitern/-innen entschieden werden.

Typische Ausgangspunkte zur Bildung von Mitarbeiter-Personas sind:

  • Qualifikationen & Fähigkeiten
  • Werte & Einstellungen (Generationenansatz)
  • Motivationale Treiber & berufsbezogene Persönlichkeitsmerkmale.

Mitarbeiter-Personas auf Generationsbasis haben ihren besonderen Reiz, da es aufgrund des Geburtsjahrgangs auf einfache Weise möglich ist eine(n) Mitarbeiter/-in einer Persona zuzuordnen:

  • Babyboomer – geboren zwischen 1955 und 1969. Sie haben nach den Kriegsjahren das Wirtschaftswunder erlebt.
  • Generation X – geboren zwischen 1965 und 1980; auch Generation Golf genannt. Sie wurden geprägt durch die Wirtschaftskrise.
  • Generation Y – geboren zwischen 1980 und 2000, auch Generation „Why“ oder Millennials genannt. Sie haben die Globalisierung und den Boom rund um das Internet in ihrer Kindheit oder Jugend erlebt.
  • Generation Z – geboren zwischen 1995 und 2010, auch Generation YouTube genannt. Sie haben die „Digitalisierung des Alltags“ in ihr Leben integriert.

Der aufmerksame Leser hat erkannt, dass es bei einigen Generationen Schnittmengen bei den Geburtsjahrgängen gibt. Ein Indiz dafür, dass allein das Geburtsjahr als Zuordnung nicht ausreichend ist. Es braucht weitere, beispielsweise werte- und einstellungsbezogene Kriterien, sowie eine Unterteilung der Generationen.
Mitarbeiter-Personas auf Generationsbasis sind denkbar für Unternehmen mit Geschichte und Mitarbeitern/-innen aus allen Altersgruppen – vom Berufseinsteiger (w/m/d) bist zum (Vor-)Ruheständler (w/m/d).

Universeller einsetzbar sind Mitarbeiter-Personas auf Basis von berufsbezogenen Persönlichkeitsmerkmalen, grundlegenden Karrierevorstellungen und Anforderungen an die Unternehmenskultur, sowie die Zusammenarbeit mit Kollegen (Nähe vs. Distanz, Dauer vs. Wechsel).

Mitarbeiter-Personas auf Basis von Werten und Persönlichkeitsmerkmalen

Anja von Kanitz hat ausgehend von den Big 5 Persönlichkeitsmerkmalen und dem Riemann-Thomann-Kreuz („seelisches Heimatgebiet“) 11 Mitarbeiter-Typen herausbilden können. Sie unterscheidet …

  1. Der Bürokratische: Alles geht seinen geregelten Gang.
  2. Die Ängstliche: Ob ich das wohl kann?
  3. Der Pragmatische: Hauptsache, das Ergebnis stimmt.
  4. Die Kreative: Es gibt für alles viele tolle Lösungen!
  5. Die Perfektionistin: Alles muss hundertprozentig sein. Immer!
  6. Der Einzelkämpfer: Wenn ich’s nicht mache, geht’s in die Hose.
  7. Die Warmherzige: Ich helfe gern!
  8. Der Gemütliche: Nur kein Stress!
  9. Der Star: Keiner ist so gut wie ich!
  10. Der Spezialist: Alles Knifflige interessiert mich!
  11. Die Abenteuerin: Neues? Risiko? Ich bin dabei.

Derartig gebildete Mitarbeiter-Personas sind deutlich differenzierter als jene auf Basis von Generationen. Das erhöht den Aufwand bei der Arbeit mit Personas deutlich. Andererseits ermöglichen Mitarbeiter-Personas auf Basis von Persönlichkeitsmerkmalen auf recht einfache Weise eine typgerechte Führung. Dieser Nutzen wiegt in der Regel die (Mehr-)Aufwände auf.

Mitarbeiter-Personas entwickeln und einführen!

Der Anfang prägt, das Ende haftet!“ – diese im Kontext der Gestaltung von Reden und Präsentation gebotene Empfehlung gilt auch für Persona-Projekte.

Die Einführung von Mitarbeiter-Personas muss gut vorbereitet und geplant werden. Dazu gehört ganz wesentlich die frühestmögliche Einbeziehung sowohl der Führungskräfte als auch Mitarbeiter/-innen. Von Anfang an muss deutlich kommuniziert werden warum und wozu Mitarbeiter-Personas entwickelt werden. Transparenz zum Prozess, Ergebnis und dem Arbeiten mit Mitarbeiter-Personas ist ebenso wichtig.

Werden diese Faktoren beherzigt, dann lassen sich sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter ein auf das Instrument Mitarbeiter-Personas.

Je nach Ansatzpunkt zur Ausgestaltung von Mitarbeiter-Personas, ist die Zuordnung des einzelnen Mitarbeiters unterschiedlich aufwändig. Im beruflichen Kontext gibt es mit dem Bochumer Inventar für berufsbezogene Persönlichkeitsmerkmale (BIP) ein etabliertes  Befragungsinstrument, welches die Einstufung von Mitarbeitern auf zentralen Persönlichkeitsmerkmalen ermöglicht. Persönlichkeitsmerkmalen wie beispielsweise: Leistungsmotivation, Gewissenhaftigkeit, Selbstbewusstsein, Flexibilität, Handlungsorientierung, Belastbarkeit, Sensitivität, Soziabilität und Teamorientierung.

Der BIP Fragebogen wird vom Mitarbeiter selbst (Selbstbild) und bestenfalls von Kollegen/-innen (Fremdbild), sowie der Führungskraft (Fremdbild) ausgefüllt. Voraussetzung dabei: Freiwilligkeit und eine glaubhafte Vermittlung der Absicht mit diesem Instrument eine typgerechte Führung zu erleichtern.

Oft wird der Einsatz des BIP Fragebogens ergänzt um Daten zum Karrierebild. So bietet der Karriereankerfragebogen eine hervorragende Grundlagen, um zu erkennen welche Faktoren dem einzelnen Menschen im Arbeitsleben wichtig sind, welche ihn antreiben und motivieren. Faktoren wie beispielsweise Sicherheit & Stabilität, Unabhängigkeit, technisch-funktionale Kompetenz, Lebensstilintegration, Kreativität, (totale) Herausforderung, „General Management“ oder „Dienst & Hingabe“.

BIP und Karrierankerbogen sind eine hervorragende Grundlage, um Mitarbeiter datenbasiert einer Mitarbeiter-Persona zuzuordnen. Beide Befragungsinstrumente bieten, in Kombination eingesetzt, Sicherheit die werte- und persönlichkeitsbasierte Zuordnung korrekt zu vollziehen. Das ist fundamental wichtig, da sich daraus ableitet, wie der einzelne Mitarbeiter typgerecht geführt werden kann.

Haben Mitarbeiter und Führungskraft den Prozess der Einordnung vollzogen, so ist das Projekt „Mitarbeiter-Persona“ noch nicht abgeschlossen. Nun gilt es die sich daraus ergebenden Anforderungen im Umgang miteinander, die persönliche Entwicklung im Unternehmen und die Anforderungen an die Arbeit im Unternehmen zu besprechen. Bestenfalls begleitet von einem internen (Personalmanager) oder externen Berater, der das Gespräch vorbereitet, moderiert und Vereinbarungen dokumentiert. Erst jetzt ist die Grundlage für eine typgerechte Führung auf Basis von Mitarbeiter-Personas gelegt, ein sinnvoller und „haftender“ Abschluss eines Persona-Projekts erreicht.

Wer denkt, damit sei „personabasierte“ Führungsarbeit beendet, der irrt natürlich. Die Arbeit am eigenen Führungsstil ist niemals beendet. Diese große Herausforderung zu meistern, das gelingt 95% aller Führungskräfte mit Mitarbeiter-Personas deutlich besser. Führung auf Basis von Instinkt und Bauchgefühl ist dauerhaft weniger erfolgreich, wie ein persona-orientierter Führungsstil. Probieren Sie es selbst aus, es lohnt sich!

Wo stehen Sie in Sachen Mitarbeiter-Personas?

Vielleicht am Anfang und wollen nun starten?
Oder haben Sie bereits Erfahrungen, gute oder auch schlechte, mit Mitarbeiter-Personas gesammelt?

Foto Thorsten Wilhelm

Thorsten Wilhelm

Ich freue mich mit Ihnen in einen Austausch zum Thema Mitarbeiter-Personas und Employee Experience Design einsteigen zu können.

Gerne auch als Sparringspartner und Impulsgeber – ich bin da für Sie und gebe meine Erfahrungen mit Personas weiter. Sprechen Sie mich einfach an.

 

 

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